Änderung der Gefahrstoffverordnung (GefStoffV) bezüglich der Verwendung von Bioziden und Pflanzenschutzmitteln

Die Änderung der Gefahrstoffverordnung dient der Anpassung an die unmittelbar geltende europäische Biozidverordnung (EU) Nr. 528/2012. Sie stellt in einem neuen Abschnitt 4a klar, dass im Zusammenhang mit der Verwendung von Biozid-Produkten folgende wesentliche Pflichten ab dem 1. Oktober 2021 einzuhalten sind:

Substitutionsprüfung

Einschließlich der Abwägung von Nutzen und Risiken des Einsatzes von Biozid-Produkten sowie einer sachgerechten Berücksichtigung physikalischer, biologischer, chemischer und sonstiger Alternativen.

Gefährdungsbeurteilung einschließlich Prüfung, ob die

  • Angaben zur Einstufung und Kennzeichnung der Biozide/Pflanzenschutzmittel vollständig und korrekt im Gefahrstoffkataster hinterlegt sind
  • Behandlung mit Biozid-Produkten von Transporteinheiten zu berücksichtigen ist
  • Biozid-Produkte nur für die in der Zulassung ausgewiesenen Verwendungszwecke eingesetzt werden
  • Verwendungsbedingungen (aus Kennzeichnung und Zulassung) eingehalten werden
  • arbeitsmedizinische Vorsorge für die betroffenen Mitarbeiter ausreichend gegeben ist (Angebotsvorsorge, ggf. Pflichtvorsorge)
  • in der Zulassung angegebene Qualifikation des Verwenders gegeben ist.

Ergänzende Dokumentationspflichten bei Begasungen mit Angaben

  • zur verantwortlichen Person (Inhaber des Befähigungsscheins, siehe unten)
  • zu Art und Menge der verwendeten Biozid-Produkte oder Pflanzenschutzmittel
  • zu Ort, Beginn und Ende der Begasung
  • zum Zeitpunkt der Freigabe
  • zu ggf. weiteren beteiligten Firmen (Sender, Empfänger, Verlader etc.)
  • zu den getroffenen Maßnahmen

Bezüglich der erforderlichen Qualifikation der Mitarbeiter wird zwischen folgenden Stufen unterschieden:

Praktische Erfahrung

Der Arbeitgeber darf Tätigkeiten mit Biozid-Produkten nur von Beschäftigten durchführen lassen, die über praktische Erfahrungen mit der Verwendung der jeweiligen Produktart verfügen. Die praktische Erfahrung kann durch die Ausübung der Tätigkeit unter Aufsicht einer entsprechend qualifizierten Person erworben werden. Dies gilt nicht, wenn die Verwendung des Biozid-Produkts für private Endverbraucher zugelassen ist.

Fachkunde

Zusätzlich zu den praktischen Erfahrungen ist eine Fachkunde erforderlich bei Tätigkeiten mit Biozid-Produkten, die

  • zu der Hauptgruppe Schädlingsbekämpfungsmittel im Sinne der Verordnung (EU) Nr. 528/2012 gehören oder
  • deren Wirkstoffe endokrinschädigende Eigenschaften haben.

Sachkunde

Der Arbeitgeber darf Tätigkeiten mit Biozid-Produkten, die als

  • akut toxisch in Kategorie 1, 2 oder 3,
  • krebserzeugend, keimzellmutagen oder reproduktionstoxisch in Kategorie 1A oder 1B,
  • spezifisch zielorgantoxisch in Kategorie 1 SE und RE eingestuft sind, oder
  • für die in der Zulassung die Verwenderkategorie „geschulter berufsmäßiger Verwender“ festgelegt ist,

nur von Beschäftigten ausüben lassen, die über eine für das jeweilige Biozid-Produkt geltende Sachkunde (erfolgreiche Teilnahme an Sachkundelehrgängen) verfügen. Die Anforderungen an die Sachkunde sind von der Produktart und dem Gefährdungspotential für Mensch und Umwelt abhängig.

Sachkundenachweise gelten für den Zeitraum von sechs Jahren. Die Geltungsdauer eines Sachkundenachweises verlängert sich gerechnet ab dem Datum des Nachweises über den Abschluss eines Fortbildungslehrgangs um jeweils sechs Jahre.

Befähigungsschein und Erlaubnis der zuständigen Behörde bei Begasungen

Sollen Tätigkeiten mit Biozid-Produkten oder Pflanzenschutzmitteln ausgeübt werden,

  • bei denen bestimmungsgemäß Stoffe gasförmig freigesetzt werden,
    • die als akut toxisch in Kategorie 1, 2 oder 3 eingestuft sind oder
    • für die in der Zulassung festgelegt wurde, dass eine Messung oder Überwachung der Wirkstoff- oder Sauerstoffkonzentration erfolgt,
  • für die in der Zulassung die Bereitstellung und Verwendung eines unabhängig von der Umgebungsatmosphäre wirkenden Atemschutzgeräts festgelegt wurde oder
  • die zur Raumdesinfektion sämtlicher Flächen eines umschlossenen Raums eingesetzt werden, wobei Formaldehyd aus einer wässrigen Formaldehydlösung in Form schwebfähiger Flüssigkeitstropfen ausgebracht wird,

bedarf der Arbeitgeber einer Erlaubnis durch die zuständige Behörde. Eine Erlaubnis ist nicht erforderlich, wenn wegen der geringen Menge des freiwerdenden Wirkstoffs eine Gefährdung nicht besteht. Die Erlaubnis ist vor der erstmaligen Aufnahme der Tätigkeit zu beantragen.

Der Arbeitgeber darf Begasungen nur von Beschäftigten ausüben lassen, die Inhaber eines Befähigungsscheins sind (der auf Antrag erteilt werden kann, wenn der Antragsteller mind. 18 Jahre alt ist, über eine geeignete Berufsausbildung/-qualifikation verfügt, zuverlässig ist und arbeitsmedizinisch tauglich ist).

Ein Befähigungsschein kann für maximal sechs Jahre erteilt werden. Er kann um jeweils sechs Jahre verlängert werden, wenn fristgerecht ein behördlich anerkannter Fortbildungslehrgang besucht wurde.

Handlungsempfehlung

Prüfen Sie anhand Ihres Gefahrstoffkatasters den Einsatz von Bioziden und Pflanzenschutzmitteln in Ihrem Unternehmen:

  • Liegen Substitutionsprüfungen vor? Sind diese aktuell bzw. gibt es nach heutigem Stand der Technik keine Alternativen?
  • Gehen Ihre Gefährdungsbeurteilungen auf die Kennzeichnung und Zulassung ein? Halten Sie insbesondere die darin beschriebenen Verwendungsbedingungen ein?
  • Haben Sie geprüft, welche Qualifikationsstufe (praktische Erfahrung -> Fachkunde -> Sachkunde -> Befähigungsschein) Ihre Mitarbeiter im Umgang mit den jeweiligen Produkten vorweisen müssen? Stellen Sie sicher, dass die Qualifikation über anerkannte Fortbildungsmaßnahmen erhalten bleibt? Die Gültigkeitsdauer von Sachkundenachweisen und Befähigungsscheinen beträgt 6 Jahre.
  • Wenn Mitarbeiter einen Befähigungsschein vorweisen müssen, haben Sie die damit verbundenen Tätigkeiten bei Ihrer Behörde angezeigt und liegt Ihnen von dieser eine Erlaubnis vor?

Quelle: http://www.bgbl.de/xaver/bgbl/start.xav?startbk=Bundesanzeiger_BGBl&jumpTo=bgbl121s3115.pdf