Die neue Biozidrechts-Durchführungsverordnung (ChemBiozidDV)

Die Regelungen zur Abgabe von Biozid-Produkten wurden deutlich verschärft und bürokratisiert. Dies betrifft auch die Verwender, die formal in Abgabegespräche eingebunden werden müssen.

Für die Hersteller und Inverkehrbringer gelten folgende wesentliche neue Pflichten ab dem 1. Januar 2022:

Genehmigungsmanagement – Meldung eines Biozid-Produkts

Meldung eines Biozid-Produkts (§ 4)

Wer als Hersteller oder Einführer eines Biozid-Produkts oder unter Verwendung eines eigenen Handelsnamens ein Biozid-Produkt, für das eine Registriernummer benötigt wird, erstmals auf dem Markt bereitstellt, hat das Biozid-Produkt der Bundesstelle für Chemikalien mit den Angaben zu melden (Meldepflichtiger). Die Meldung hat unter Verwendung des auf der Internetseite der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin zur Verfügung gestellten elektronischen Formulars zu erfolgen. Die Meldung kann durch einen Vertreter mit Sitz im Inland vorgenommen werden. Mit der Meldung wird zugleich der Antrag auf Erteilung einer Registriernummer gestellt.

Die Meldung muss folgende Angaben enthalten:

  • den Handelsnamen des Biozid-Produkts,
  • den Namen, die Anschrift und die E-Mail-Adresse des Meldepflichtigen sowie, falls abweichend, den Namen, die Anschrift und die E-Mail-Adresse des Herstellers,
  • die Produktarten nach Anhang V der Verordnung (EU) Nr. 528/2012, denen das Biozid-Produkt zuzuordnen ist und
  • die Bezeichnung der in dem Biozid-Produkt enthaltenen Biozid-Wirkstoffe unter Angabe
    • der Wirkstoffkonzentration und
    • wenn vorhanden,
      • der Chemical Abstract Service-Nummer (CAS-Nummer) entsprechend dem Eintrag in Anhang II der Delegierten Verordnung (EU) Nr. 1062/2014 der Kommission vom 4. August 2014 über das Arbeitsprogramm zur systematischen Prüfung aller in Biozidprodukten enthaltenen alten Wirkstoffe gemäß der Verordnung (EU) Nr. 528/2012 in der jeweils geltenden Fassung und
      • der EG-Nummer entsprechend dem Eintrag in Anhang II der Delegierten Verordnung (EU) Nr. 1062/2014,
  • das Datum der Antragstellung eines in § 28 Absatz 8 Satz 2 Nummer 2 oder Nummer 3 des Chemikaliengesetzes genannten Antrags und die dazugehörige bei der Antragstellung vergebene Fallnummer, sofern ein solcher Antrag gestellt wurde,
  • die Angabe, wer gemäß Listung nach Artikel 95 Absatz 1 Unterabsatz 1 der Verordnung (EU) Nr. 528/2012 für die Produktart oder die Produktarten, denen das
    • Biozid-Produkt zuzuordnen ist, handelt als
      • Stofflieferant des Wirkstoffs, aus dem das Biozid-Produkt besteht, den es enthält oder den es erzeugt, oder
      • Produktlieferant des Biozid-Produkts,
  • die Bestätigung, dass das Biozid-Produkt die ihm durch die Produktbezeichnung, die Gebrauchsanleitung oder die Produktwerbung zugeschriebene Wirkung hat.

Die Bundesstelle für Chemikalien erteilt die Registriernummer spätestens innerhalb von 30 Tagen nach der Meldung. Sie stellt auf der Internetseite der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin ein elektronisches Verzeichnis zur Verfügung, in dem die Biozid-Produkte aufgeführt sind, für die eine Registriernummer erteilt wurde.

Aktualisierung und Bestätigung der Meldung (§ 6)

Meldepflichtige haben die Meldung unverzüglich zu aktualisieren, wenn sich eine Angabe ändert. Die Aktualisierung hat elektronisch unter Verwendung des von der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin auf ihrer Internetseite zur Verfügung gestellten Formulars zu erfolgen.

Meldepflichtige haben die Richtigkeit der Angaben in der Meldung bis zum Ablauf des 31. März des zweiten auf die Meldung folgenden Kalenderjahres und danach alle zwei Kalenderjahre jeweils bis zum Ablauf des 31. März gegenüber der Bundesstelle für Chemikalien elektronisch zu bestätigen. Vor der Bestätigung sind die Angaben zu überprüfen und soweit erforderlich zu aktualisieren. Werden die Angaben nicht fristgerecht bestätigt, darf der Meldepflichtige das Biozid-Produkt so lange nicht im Inland auf dem Markt bereitstellen, bis er die Daten bestätigt hat.

Die Aktualisierung und die Bestätigung können jeweils auch durch einen Vertreter mit Sitz im Inland vorgenommen werden.

Kennzeichnungspflicht – Registriernummer

Aufbringen und Angabe der Registriernummer (§ 3)

Biozid-Produkte dürfen nur auf dem Markt bereitgestellt werden, wenn auf dem Biozid-Produkt die von der Bundesstelle für Chemikalien für das Biozid-Produkt erteilte Registriernummer aufgebracht ist.

Biozid-Produkte dürfen im Geltungsbereich dieser Verordnung im Online-Handel oder sonst zum Versand nur angeboten werden, wenn das Angebot die Registriernummer enthält.

Mitteilungspflicht – jährlich zum 31. März (erstmals 2022)

§ 16 Mitteilung über auf dem Markt bereitgestellte Biozid-Produkte

Wer als Hersteller oder Einführer ein Biozid-Produkt im Geltungsbereich dieser Verordnung auf dem Markt bereitstellt oder ein im Geltungsbereich dieser Verordnung hergestelltes Biozid-Produkt aus diesem ausführt, hat jährlich bis zum Ablauf des 31. März bei der Bundesstelle für Chemikalien für das vorangegangene Kalenderjahr Folgendes mitzuteilen:

  • die Art und Menge der Biozid-Produkte, die er an Empfänger mit Wohnsitz oder Sitz im Inland abgegeben hat oder die er ausgeführt hat, und
  • die in den abgegebenen oder ausgeführten Biozid-Produkten enthaltenen Wirkstoffe.

Die Mitteilung hat für jedes Biozid-Produkt getrennt zu erfolgen und unter Angabe

  • des Handelsnamens,
  • der Registriernummer und
  • der bei der Antragstellung vergebenen Fallnummer oder der Zulassungsnummer nach Verordnung (EU) Nr. 528/2012.

Die Mitteilung hat elektronisch unter Verwendung eines von der Bundesstelle für Chemikalien auf der Internetseite der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin bereitgestellten Formulars zu erfolgen.

Verbot – Selbstbedienung (gültig ab 1. Januar 2025)

§ 10 Verbot der Selbstbedienung

Folgende Biozid-Produkte dürfen nur in einer Form angeboten und abgegeben werden, in der der Käufer keinen freien Zugriff auf das Biozid-Produkt hat:

  • Biozid-Produkte, wenn eine oder mehrere Verwendungen dieser Produkte gemäß der durch die Zulassung vorgegebenen Kennzeichnung nicht durch die breite Öffentlichkeit gestattet sind.
  • Biozid-Produkte, die nicht unter Nummer 1 fallen und die den folgenden Produktarten des Anhang V der Verordnung (EU) Nr. 528/2012 zuzuordnen sind:
    • Produktart 14 „Rodentizide“ (Produkte zur Bekämpfung von Mäusen, Ratten und anderen Nagetieren durch andere Mittel als Fernhaltung oder Köderung),
    • Produktart 18 „Insektizide, Akarizide und Produkte gegen andere Arthropoden“ (Produkte zur Bekämpfung von Arthropoden (zum Beispiel Insekten, Spinnentiere und Schalentiere) durch andere Mittel als Fernhaltung oder Köderung) sowie
    • Produktart 21 „Antifouling-Produkte“ (Produkte zur Bekämpfung des Wachstums und der Ansiedlung von bewuchsbildenden Organismen (Mikroben und höhere Pflanzen- und Tierarten) an Wasserfahrzeugen, Ausrüstung für die Aquakultur und anderen im Wasser eingesetzten Bauten).

Biozid-Produkte, die nicht dem Selbstbedienungsverbot unterfallen und die den folgenden Produktarten des Anhang V der Verordnung (EU) Nr. 528/2012 zuzuordnen sind, dürfen nur angeboten und abgegeben werden, wenn durch organisatorische Maßnahmen sichergestellt ist, dass vor Abschluss des Kaufvertrags ein Abgabegespräch stattfindet:

  • Produktart 7 „Beschichtungsschutzmittel“ (Produkte zum Schutz von Beschichtungen oder Überzügen gegen mikrobielle Schädigung oder Algenwachstum zwecks Erhaltung der ursprünglichen Oberflächeneigenschaften von Stoffen oder Gegenständen wie Farben, Kunststoffen, Dichtungs- und Klebkitten, Bindemitteln, Einbänden, Papieren und künstlerischen Werken),
  • Produktart 8 „Holzschutzmittel“ (Produkte zum Schutz von Holz, ab dem Einschnitt im Sägewerk, oder Holzerzeugnissen gegen Befall durch holzzerstörende oder die Holzqualität beeinträchtigende Organismen, Insekten einbegriffen) sowie
  • Produktart 10 „Schutzmittel für Baumaterialien“ (Produkte zum Schutz von Mauerwerk, Verbundwerkstoffen oder anderen Baumaterialien außer Holz gegen Befall durch Schadmikroorganismen und Algen).

Die oben ausgeführten Pflichten gelten nicht für Biozid-Produkte, die nach Artikel 25 der Verordnung (EU) Nr. 528/2012 im vereinfachten Zulassungsverfahren zugelassenen wurden. Ein Abgabegespräch ist nicht erforderlich, wenn der abgebenden Person bekannt ist oder der Erwerber ihr durch Vorlage geeigneter Unterlagen glaubhaft macht, dass die Anwendung des Biozid-Produkts in Ausübung der beruflichen Tätigkeit des Erwerbers erfolgt.

Zusätzlich sind folgende neue Bestimmungen, die erst ab dem 1. Januar 2025 einzuhalten sind, auch für die Verwender von Biozid-Produkten relevant:

Organisation – Abgabe

§ 11 Anforderungen an die abgebende Person, Abgabegespräch

Biozid-Produkte dürfen nur von einer im Betrieb beschäftigten Person abgegeben werden, die die Anforderungen an die Sachkunde erfüllt.

Biozid-Produkte dürfen nur abgegeben werden, wenn

  • der abgebenden Person bekannt ist oder sie sich vom Erwerber hat bestätigen oder durch Vorlage entsprechender Unterlagen nachweisen lassen, dass dieser zu der in der Zulassung genannten Verwenderkategorie gehört und die Biozid-Produkte in bestimmungsgemäßer und sachgerechter Weise verwenden will,
  • im Falle von Biozid-Produkten nach § 10 Absatz 1 Nummer 2 die abgebende Person den Erwerber im Rahmen eines Abgabegesprächs unterrichtet hat über
    • mögliche präventive Maßnahmen zur Bekämpfung von Schadorganismen sowie mögliche alternative Maßnahmen mit geringem Risiko,
    • die bestimmungsgemäße und sachgerechte Anwendung des Biozid-Produkts gemäß der Gebrauchsanweisung, insbesondere über Verbote und Beschränkungen,
    • die mit der Verwendung des Biozid-Produkts verbundenen Risiken und mögliche Risikominderungsmaßnahmen,
    • die notwendigen Vorsichtsmaßnahmen beim bestimmungsgemäßen Gebrauch und für den Fall des unvorhergesehenen Verschüttens oder Freisetzens sowie
    • die sachgerechte Lagerung und ordnungsgemäße Entsorgung.

Weitergehende Regelungen nach der Chemikalien-Verbotsverordnung bleiben unberührt.

§ 12 Anforderungen an die Abgabe im Online- und Versandhandel

Erfolgt die Abgabe im Online-Handel oder sonst im Versandwege ist durch technische oder organisatorische Maßnahmen sicherzustellen, dass vor Abschluss des Kaufvertrages über das Biozid-Produkt

  • die Einhaltung der Voraussetzungen durch eine sachkundige Person überprüft wird und
  • ein fernmündliches oder ein per Videoübertragung geführtes Abgabegespräch durch eine sachkundige Person nachweisbar erfolgt.

§ 13 Sachkunde für die Abgabe

Sachkundig für die Abgabe von Biozid-Produkten ist, wer die Anforderungen erfüllt nach:

  • § 11 Absatz 1 Nummer 1 und 2, auch in Verbindung mit Absatz 3, der Chemikalien-Verbotsverordnung, sofern die Sachkunde auch die Abgabe von Biozid-Produkten abdeckt,
  • § 9 Absatz 1 Nummer 4 des Pflanzenschutzgesetzes, sofern nachgewiesen werden kann, dass eine Fortbildungsveranstaltung nach § 11 Absatz 1 Nummer 2 der Chemikalien-Verbotsverordnung, die Kenntnisse über Biozid-Produkte vermittelt, erstmalig oder wiederholt besucht wurde und diese nicht länger als den in § 11 Absatz 1 Nummer 2 der Chemikalien-Verbotsverordnung jeweils genannten Zeitraum zurückliegt oder
  • § 15c Absatz 3 in Verbindung mit Anhang I Nummer 4.4 der Gefahrstoffverordnung, sofern sich die Sachkunde auf die Produktart bezieht, der das abgegebene Biozid-Produkt zuzuordnen ist.

Nachweise über berufliche Qualifikationen oder erworbene Sachkunden, die in anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder anderen Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum ausgestellt worden sind, erfüllen die Anforderungen, soweit die für die Anerkennung der Gleichwertigkeit zuständige Behörde die Gleichwertigkeit festgestellt hat.

Handlungsempfehlung

Tragen Sie als Inverkehrbringer von Biozid-Produkten dafür Sorge, dass Ihnen für Ihre Produkte Registriernummern zugeteilt werden. Kennzeichnen Sie Ihre Produkte entsprechend mit den neuen Nummern und halten Sie Ihre jährlichen Mitteilungspflichten gegenüber der Bundesstelle für Chemikalien ein. Beachten Sie ferner das Verbot zur Selbstbedienung und Ihre neuen (bürokratischen) Pflichten zur Abgabe (Abgabegespräch, Qualifikation etc.).

Als Einkäufer und Verwender von Biozid-Produkten sind Sie dazu verpflichtet, an Abgabegesprächen teilzunehmen und die erforderliche Sachkunde in Ihrem Hause nachweisen zu können. Andernfalls dürfen von Ihnen die Biozid-Produkte nicht verkauft werden.

Quelle: http://www.bgbl.de/xaver/bgbl/start.xav?startbk=Bundesanzeiger_BGBl&jumpTo=bgbl121s3706.pdf